JAMBINAI live: Endlich unverständlich

 

Früher waren es nur drei gewesen. Dann kam der Erfolg. Es erfolgte Wachstum. Jetzt sind da fünf auf der Bühne: Die zwei neuen spielen Bass und Schlagzeug, Instrumente, die dereinst zumeist aus dem Laptop kamen. Weil es langweilige Instrumente sind, die jeder kennt und spielt. Den interessanten Part der Band machen immer noch die Drei im Kern aus: Bo-mi Kim am Haegum (Fiddel), Eun-yong Sim am Geomungo (Sitzklampfe) und Il-woo Lee an Gitarre und Piri (Tröte). Gemeinsam macht man eine Art Post-Rock mit klassischen koreanischen Instrumenten, aber die Beschreibung wird der Musik des Trios - die anderen sind nur Leiharbeiter - nicht gerecht, ebenso wie jede andere Beschreibung. Aber es ist eine Annäherung.

Was in Live-Auftritten früher klar gefehlt hat, erweist sich in der Intimität eines Miniatursaals als Nachteil. Ein unverstärktes Schlagzeug übertönt hier mühelos die subtileren Momente des Spiels, woran das Geomungo am meisten leidet - Haegum und Piri sind schrill genug, um noch an die Oberfläche zu dringen. Dann reißt Eun-yong Sim im Intro zu Time Of Extinction auch noch eine Saite. Ein wahrer Glücksfall fürs Publikum und auch für JAMBINAI. Lee Il-woo, der Bandleader, sieht sich zur Lückenfüllung genötigt und erzählt. Hätte er sonst nicht getan. Hätte sonst keiner getan. Macht aber alles besser, weil persönlicher. Derweil zieht seine Kollegin eine neue Saite auf -  all das aber erst nach dem Stück, das sie erfolgreich mit Phantomsaite durchgespielt hat. Gemerkt hat's hinten keiner, dafür ist sie viel zu leise abgemischt.

Zum Ausgleich schrammelt sie wenn nötig mit voller Härte über ihr Gerät, die Kollegin am Haegum auf der anderen Seite zittert ekstatisch, und der Herr in der Mitte macht sitzend an der Gitarre eine Rumpelstilzchen-Interpretation. Genörgel beiseite: Musik und Performance sind beeindruckend, T-Shirt-Preise angemessen. Merke: Je langweiliger das Band-T-Shirt, umso überteuerter. Das JAMBINAI Shirt ist demnach recht ansehnlich.

Das zweieinhalbte Album A Hermitage setzt den gewohnten Stil fort. Angenehme Überraschung ist eine völlig unerwartete Rapeinlage auf Spur 4, deren erstaunliche Kompatibilität mit dem Gezupfe und Gestreiche der Band bei wiederholtem Hören gar nicht mehr erstaunt, sondern immer natürlicher klingt. Ungewollter Tiefpunkt ist die Wiederaufnahme eines alten Stücks der selbstbetitelten Debüt-EP, das zwar toll ist, aber geschummelt, und nach dessen Disqualifikation die Laufzeit des neuen Albums nur noch knapp unter 40 Minuten abhängt. Die sind dafür genau das, was man von einem ersten Nachfolgewerk will: mehr, mehr, mehr.

In ganz und gar postrockiger Manier schwellt und ebbt die Musi, macht harte Cuts und rabiate Ausbrüche. Mal wird gesäuselt, mal gegrölt. Das langsam ansteigende Crescendo des traditionellen Closers Connection wird aus Richtung der Bar vom Geklirre der Flaschen dahinter unsanft durchstoßen. Macht nichts: Die Sauberfrauen und -männer aus Korea sind Punk genug, um das wegzustecken. Man muß sich nur ansehen, wie sie spielen.