UNDER THE SHADOW: Geisterkrepp

 

Ein verspuktes Haus in Teheran 198x. Der Dschinni ist mit einer irakischen Rakete durchs Dach gekommen. Während die anderen Bewohner nach und nach das Haus verlassen und der Mann seiner Wehrpflicht nachgehen muß, will Shideh (Narges Rashidi) das Heim nicht aufgeben. Gemeinsam mit Tochter Dorsa (Avin Manshadi) hält sie die Stellung, bis es nicht mehr geht. Doch bevor sie fliehen können, muss die Puppe wiedergefunden werden. Denn solange der Dschinni sie hat, wird er die Familie überall heimsuchen können.

Shideh, wie viele Iraner, hält nicht viel vom Ajatollah und dem religiösen Sittenzwang. Ihr einstiger politischer Aktivismus gilt den Obrigkeiten heute als Vorwand, ihr ein Studium zu verweigern. Das Kopftuch trägt man nur draußen und widerwillig. Zuhause wird gleichberechtigt gestritten. All die Systemkritik, die man von einem westlich mitbudgetierten Film erwarten darf, ist da.

Rund der halbe Film - die interessante Hälfte - dient der Darlegung der Familiendynamik und Hausgemeinschaft. Die Kamera klebt an Shideh, die sich unter Streß vor ihr Jane Fonda Workout-Video zurückzieht, um dann wieder stark zu sein für den alltäglichen Wahnsinn im beschossenen Teheran. Sie muss die Fäden in der Hand behalten. Doch dann kommt auch noch die Tochter mit Geistergeschichten daher, und Shideh verliert die Bodenhaftung. Oder wie?

Die Zugabe des übernatürlichen Horrors in den sehr realen Kriegshorror ist weder notwendig noch elegant - eine Reihe erklärender Dialoge zwischen den Hausbewohnern bereiten auf das vor, was Mutter und Tochter am Ende plagen wird. Während der Krieg draußen stattfindet, wo er vom weitestgehend auf das Haus beschränkten Beinahe-Kammerspiel ausgeblendet wird, muß drinnen der Geist umhergehen, um für Spannung zu sorgen.

Horrorfilme sind häufig dann am besten, wenn es das Monster gar nicht gibt. Doch Shideh erwacht im Verlauf von Babak Anvaris UNDER THE SHADOW ein paar Mal zu oft aus einem Albtraum, nur um am Ende doch vor einem wahrhaftigen Bettlakengespenst zu stehen. Was nun: Spuk oder Einbildung? Ersterer fällt mangels wahren Gruselfaktors flach, letztere ist nicht überzeugend genug als solche inszeniert, um eine befriedigende Auslegung der Ereignisse zu sein. Dazwischen versandet der eigentlich interessante iranische Kriegsschauplatz als dramaturgisch irrelevantes Schmückwerk.