SAFARI: Nur du und das Stück

 

Ulrich Seidl hat mal wieder einen Dokumentarfilm gemacht. Thema: siehe Titel. Genauer: Wir beobachten den weißen Lusttöter, der extra nach Gesamtafrika angereist ist, um das eine oder andere Stück zur Strecke zu bringen. Stück = Tier, wie z.B. Zebra, Gnu, Giraffe. Er tut das, weil er's geil findet, aber nicht geil genug, um eine vernünftige Kamera mitzubringen, weshalb die Trophäenfotos mit dem Handy gemacht werden müssen. Außerdem, das Schießen mit dem Gewehr ist schon teuer genug. Denn jedes Stück hat einen Listenpreis im Reservat. Weil ein Zaun das etliche Quadratkilometer große Gebiet umspannt, handelt es sich also nicht um Wildnis, nicht um Wild und auch nicht um Wilderei.

Seidl garantiert, daß allen gezeigten Tieren tatsächlich Gewalt angetan wurde; man darf dabei sein beim Ausspähen und Erschießen, beim Gruppenfoto mit Kadaver, beim Abtransport mit dem Kranwagen, bei der Häutung, Entweidung und Zerlegung, und zu guter Letzt sieht man noch dem schwarzen Gutsdiener bei der Resteverwertung zu, als er der Regie folge leistend mit starrem Blicke in die Kamera auf einem Knochen nagt. Dazwischen horcht man, zu allerlei erheiterndem Ekel, den stilisiert unter gestopften Tierköpfen gefilmten Aussagen der Jagdgäste zu, wie sie ihre orgasmischen Gefühle nach dem Abschuß beschreiben oder erklären, wie die Tötung Einzelner den Tieren insgesamt hilft, man erwische ja ohnehin nur die alten und schwachen.

Max Moor, der früher mal Dieter hieß und im Film nicht vorkommt, ihn aber anmoderieren darf, sagt es so: Man fühle sich immer schlecht nach einem Ulli Seidl Film und zugleich als besserer Mensch; immerhin sei man nicht so schlecht wie die im Film. Als rechter Karnivore aber darf die Wildjagd in der Steppe nicht erschüttern. Fleisch ist lecker, und immerhin wird voll verwertet: Es gibt eine Trophäe für die Wand, einen neuen Teppich aus Echtfell und massig Mahlzeit auf den Tisch. Verkommen tut nichts, auch kein Filmmaterial - Seidl zeigt alles, was er hat, ruhig, sicher, erfahren. Ganz schnell steckt man drin im Geschehen und kann nicht mehr wegdenken. Der Sog der Widerwart ist stark in SAFARI.

Empörung darüber, daß man das Tier töten muß, bevor man es essen kann, ist freilich schwer geheuchelt. Unbedarft anstoßen möge man sich hingegen an der Wollust und dümmlichen Rationalisierung, welche die Akteure dem Akt entgegenbringen. Was Seidls Subjekte, die Safaristen, zu dieser Diskussion und ihrer Darstellung im Film nach dessen Sichtung beizutragen hätten, will ein Zuschauer wissen. Seidl: »Diese Menschen haben dazu nichts zu sagen. Weder die Schwarzen noch die Weißen.«

Also: Der fette Weiße will Fleischfresser sein, sich aber nicht die Finger beschmutzen. Ein paar intellektuelle Fußgänger werden steif/feucht dabei, wenn sie eben jenes tun dürfen. Ein Regisseur mit feinem Händchen dreht zu unser aller Belustigung einen Betroffenheitsporno darüber. Klassische Win-Win-Win-Situation.