THE FORBIDDEN ROOM: Menstruation im Wandel der Zeit

 

Udo Kier hat im Berliner Delphi sowohl Schlingensief als auch Fassbinder kennengelernt, weshalb er das Kino sehr schätzt. Zweiter Grund: Das Delphi ist ein Kino, und kein Supermarkt. Der geneigte Kritiker (ich) mag das Delphi nicht, wegen seines unbequemen Sitzflächengefälles.

THE FORBIDDEN ROOM ist filmische Resterampe. Entstanden aus der Idee, eine Reihe verloren gegangener Filme zu rekreieren, manchmal aus einer Beschreibung in einem Filmmagazin, oft aber mit nicht mehr als einem Titel als Ausgangspunkt. Ein ganz unbeschämtes Kunstprojekt also, dessen metanarrative Elemente mit seinem Inhalt um Aufmerksamkeit konkurrieren. Die Faust des Autors ist omnipräsent.

Früher Höhepunkt ist die Arschsequenz, zufällig auch eine der wenigen Szenen mit Udo Kier. Eine wundervolle Musiknummer, die sich in ihrer visuellen Form (Montage) nicht vom Gesamtwerk abhebt. Ja, der Film ist strukturell unkonventionell. Ein farbenfroher Stummfilm, der sich nichtsdestotrotz des gesprochenen Wortes bedient und einen unheilvoll programmatischen Soundtrack aufweist. Betörend die Art, wie kontrastreiche Bilder hinter falschen Vintage-Kratzern konstant ineinander morphen.

Warum reden wir so viel von Stil, und so wenig von Substanz? Schlechtes Zeichen? Nicht unbedingt - aber alles schon einmal gehört: Der Holzfäller Cesare will die entführte Margot aus den Klauen einer Diebesbande, der "Red Wolves" befreien - was beinahe als Verbildlichung von Menstruationsschmerzen der Titel des Films geworden wäre, wie uns Regisseur Guy Maddin verrät. Sie soll dem "Valcano" geopfert werden, kann sich aber in ein anderes Leben träumen, wo sie vergessen hat, wer sie ist. Derweil rekrutiert Cesare eine Gruppe Mutiger, um in die Höhle Mergels vorzudringen und muß letztlich doch alleine gehen. Er findet sich in einem U-Boot wieder. Hier ist die Luft knapp; daher behilft sich die Besatzung mit Pfannkuchen. Ein abgetrennter Schnurrbart erzählt Geschichten aus dem Jenseits. Und so weiter und so fort.

Bevor Udo Kier keine Zeit mehr hat, verrät er uns noch, daß hier ursprünglich einmal 100 Kurzfilme geplant waren. 25 davon wurden abgedreht, dann sei irgendwas passiert, und nun also stattdessen THE FORBIDDEN ROOM. Eine Traumsequenz wird in die nächste verschachtelt, und wir bezeugen in 128 Minuten eine Reihe vage zusammenhängender Szenen. Alles dies geschieht in der Tonalität humoristischer Phantasmagorie, die dem Kritiker freie Fahrt in die Sphären prätentiösen Geschwurbels einräumt. Es hält nicht gänzlich stand: Der Film ist ein wenig zu lang.

Die letzte Fußnote kommt von Evan Johnson, Koregisseur: Man habe eine klassische Erzählstruktur aus drei Akten angestrebt und sogar ein Lehrbuch dazu gelesen. Es hat nicht funktioniert, andere Inspirationen waren stärker. Irgendwie darf man froh sein - THE FORBIDDEN ROOM funktioniert als filmischer Außenseiter wahrscheinlich am besten. Ohne allumfassende Geschichte, um das Geschehen beisammen zu halten - von einer Anleitung zum Baden einmal abgesehen - dafür mit vielen kleinen, schönen Momenten, von denen unweigerlich einige stärker resonieren als andere.