Fünf Jahre nicht in Berlin gewesen? OK, aber auch sechs Jahre kein Album rausgebracht. Da meint man, eine Wissenslücke in der Diskografie zu haben und stellt fest: stimmt ja gar nicht! Die faulen Norweger haben einfach ne ruhige Kugel geschoben. Träg in der skandinavischen Sonne gehangen. Däumchen gedreht. Die Eier geschaukelt. Und wenn man sich dann endlich mal mit nem neuen Album blicken läßt, kommen poplige fünf Liedchen bei rum. So ham wir's gern.
Kleines Eingeständnis: Die Fünf sind jeweils recht lang, gemeinsam bringt man es auf knappe 50 Minuten. Großes Eingeständnis: Die Fünf sind exzellent, und die Behauptung, mit Starfire läge das bislang aufregendste Album der Kapelle vor, ist alles andere als gewagt.
Es liegt wie so oft an den Synthetisanten. JAGA JAZZIST machen Dampf in der Maschine: Der titelspendende Opener des Albums, im Liveset korrekt als Centerpiece angesiedelt, brettert das beste Saxophonsolo daher, das je aus einem Keyboard rausgekommen ist. Ist das jetzt noch Post-Jazz oder schon wieder Prog-Jazz? Live wird das ganze auch noch mit stroboskopischen LED-Stelen akzentuiert, bestimmt 30 an der Zahl, über die ganze kleine Bühne des Gretchens verteilt. Dazwischen haben Musiker keinen Platz, sich zu bewegen. Zeit hätten sie auch nicht; hochkonzentriert geht es zur Sache. Die Stücke sind lang, komplex und fließen gefühlt ineinander. Drei Viertel der Besatzung sind an wechselnden Instrumenten zu beobachten. Vollprofis.
Die Klarheit der Klänge ist grenzwertig. Ausgerechnet die Bläser saufen ein wenig ab. Das Schlagzeug ist dominant, sein Operator ebenfalls - der bärtige Wikinger ist an diesem Abend für die Publikumsansprache zuständig. Er schallt nicht aus dem Hintergrund, sondern von vorne links und gibt den Takt nicht nur im Wortsinne vor. Dennoch, einen offenbaren Bandleader gibt es nicht. Man ist eine wohlabgestimmte Truppe. Und das Licht. Wer steuert eigentlich das Licht? Gute Arbeit, gute Synästhesie. Man darf ruhig zugeben, das beim Anblick der Lightshow die Augen kindlich leuchten. Man darf auch zugeben, Feuerwerk toll zu finden.
Neuester Trend: Niemand hat mehr Bock auf Auszeit vor der Zugabe. Ein letztes Stück wird angekündigt, danach geht es vielleicht eine Minute von der Bühne, bevor die wirklichen letzten drei Stücke kommen. God is an Astronaut sind noch nicht mal von der Bühne gegangen, sondern haben einfach drübergelabert. Moderne Zeiten, um es mit Chaplin zu sagen.
Insgesamt ist JJ eine gepflegte Erscheinung. Der Alk im Norden ist teuer, Prostitution verboten. Da muß man es jedem Touristen von dort hoch anrechnen, hierzulande nicht dauerknülle im Puff abzuhängen. Ist ja nicht alles besser bei denen. In diesem Sinne: Hollebolle!