Des Witwers Rache aus der Unterwelt

 

„Ist deins schon hart?“ Pause. „Du mußt unten rumrühren, dann kommt der ganze Krempel raus.“

Was sie in diesem Moment irritierte, war die Tatsache, daß es sich um einen Monolog handelte, der Stimme nach zu urteilen. Aber sie folgte, wie sie es immer tat. Unten im Topf verbarg sich eine wundervolle Welt: da mußte sie hin. Es war unumgänglich.

Vor den elefantshohen Bogenfenstern des Ateliers schien ein prachtvoller Tag den Schloßgarten zu erleuchten; eine merkwürdig abstoßende Schönheit mit einem dicken Weichzeichner darauf. Es war ekelhaft. Mit ihren eingegipsten Handknöcheln wischte sie sich etwas Schweiß von der Stirn. Sie hatte Lust, alles richtig einzuschmutzen, nicht nur sich selbst. Mit dem Boden hatte sie angefangen, eine Spur von Wut in hellem Grau, deren gemeines Bindeverhalten einst den Abfluß verstopfen würde. Einen kurzen Moment lang wurde sie unachtsam; das Ergebnis ein breites, ausuferndes Grinsen, das ihr das streng-attraktive Gesicht kaputtmachte.

Die Haushälterin kam herein, endlich, früher als erwartet. Sofort verfielen beide in Panik, die eine wegen des Schmutzes, die andere, weil es ihr noch nicht schmutzig genug war, und weil die Haushälterin sie glücklich gesehen hatte, obgleich das Grinsen sofort wieder verschwunden war. Es gab noch so viel zu tun! Das Badezimmmer, die Küche, die Teppiche und die samtenen Tagesbettbezüge, es war ganz egal! Sie nahm einen Klumpen vom halbfesten Gips und schmiß ihn nach der zufallenden Tür, als die Haushälterin aus dem Zimmer stürmte; sie hinterher, eine Abkürzung durch den Innengarten, in die Küche, alle Schränke aufgerissen und die Teller und Tassen am Boden zerstört. Der Auftritt taugte erst, wenn jemand in Ohnmacht fiel.

Nachdem das geschehen war, rannte sie nach draußen in den Garten. Freude und zerfetzte Rosenbüsche. Es wurde heiß, und der Blütensaft briet und stank.

Plötzlich Menstruation.

Vorbeugend gegen mögliche Kontraktionsschmerzen rollte sie sich wie ein Rollmops zusammen, nur daß der Rollmops sich nicht selber rollt, da der ja schon tot ist, und außerdem kein Mops ist, sondern ein Hering, dachte sie sich mit einem breiten Grinsen - schon wieder - als sie einen Hang hinabrollte; ein breites Grinsen für die Sonderbarkeit der Menschen, die solche Namen erfinden, besonders aber für das wohlige Gefühl herabrinnenden Blutschleimgemischs an ihren Scheideninnenwänden. Blut ist nämlich ein ganz hervorragender Schmutzmacher, schon nach kurzer Einwirkzeit nur noch schwer auswaschbar. Ihr Blut wurde jetzt aber durch die Rollbewegung total durchgeschleudert und floß gar nicht richtig aus.

Mit der Stirn knallte sie gegen den Gedenkstein ihres verstorbenen Ehemanns, und ihre kinetische Energie sackte gegen Null. Durch Zentrifugalkraft entbundener Zweiphasenblutschleim quoll nun in ihren Slip, den die ohnmächtige Haushälterin würde waschen müssen. Außerdem blutete ihr das Hirn.

Erschöpft blickte Mechthild in den strahlend blauen Himmel. Der Gips war längst hart geworden. Die Sonne quetschte ihr gesamtkörperlich den Schweißsaft aus, während die Schmerzen einsetzten. Der ganze Krempel kam jetzt raus. Für heute hatte sie genug geschafft.