Eines ist klar geworden im Jahr der Ziege: Hier auf dem Block ist man so gnadenlos verhipstert, daß Mad Max, James Bond und in der Tat auch Star Wars nur naserümpfend als kunstloser Dreck abgetan werden können. Von wegen popkulturell! Die Macht erschlafft in solch abschätzigem Ambiente.
Trotzdem gab es auch schöne Dinge, des Lobes würdig, aber nicht exklusiv genug für einen ganz eigenen Eintrag im Blocklog. Denn merke: Was man nicht als erster gesehen hat, kann man genausogut gar nicht gesehen haben. Wer nicht bei der Landespremiere im Festivalkino sitzt und dem Regisseur dumme Fragen stellen kann (es aber aus Gleichgültigkeit nicht tut), der ist ein Niemand, ein unbedeutender Hanswurst. Kultur der Aggression oder kulturelle Aggressivität? Keiner weiß, jeder scheißt. Drauf.
BIRDMAN
Nach der ersten Reihe kritischer Purzelbäume (man überschlägt sich des Lobes) setzt die Erkenntnis ein, daß substantiell nicht viel übriggeblieben ist von Alejandro González Iñárritus Gimmick des schnittlosen Vollzeitfilms. So ist das, wenn Idee und Besetzung so Meta sind. Immerhin hat Iñárritu nicht schon wieder drei Geschichten an einem Ereignis verknüpft, sondern seinen besten Film seit Amores Perros gemacht. Das ist viel wert, vor allem sehens-.
A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT
Die besten Schwarzweißbilder des Jahres und damit entschuldbar, daß der "erste iranische Vampirwestern" sich in Stil und Thema an Freunde des Genre- und Arthousefilms gleichermaßen anzubiedern sucht. Außerdem ist der Soundtrack toll, und es ist ein hervorragendes Musikvideo für White Lies - Death dabei herumgekommen. Zweifellos der fünftbeste Film 2015.
STILL THE WATER
In Cannes nominiert und damit automatisch bedeutungslos für den Mainstream. Unverwunderlich ist auch, daß die minderjährige Muschi im Kern des Filmes wie üblich von einer längst Erwachsenen (Jun Yoshinaga) dargestellt wird. Es geht mal wieder ums Aufwachsen, die erste Liebe, Familie und den Tod - nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Dazu eine Insel mit braunen Japanern, also doppelt exotisch. Das ganze ist natürlich ebenso naturalistisch wie rührselig gespielt, schön fotografiert etc usw. Alle rechten Knöpfe des herkömmlichen Besserguckers sind somit gedrückt, alle Häkchen gesetzt: Einer der einfühlsamsten Film des letzten Jahres (2014), im deutschen Kino kurz mal zu sehen gewesen im Sommer dieses (2015).
SICARIO
Das beste am Drogendriller von Denis Villeneuve, allein dank Enemy einer der wichtigsten Regisseure überhaupt, ist dessen Idee vom Set Piece. Eine Kolonnenfahrt war noch nie so ergreifend, ein Shootout nie so einseitig und immersiv zugleich. Und Emily Blunt, an sich ja eine gute Actrice, spielt endlich mal in etwas Interessantem mit. Danke dafür.
STAR WARS: THE FORCE AWAKENS
Ansprechende neue Charaktere in einer lausigen, überhasteten Geschichte, die vergangene Motive so genau nachstellt, daß nichts mehr Sinn ergibt im Universum. Konkret: Die Zerschlagung des bösen Imperiums hat offenbar nichts bewirkt, wir fangen nochmal von vorn an. Egal, weil Daisy Ridley = Burner. Gute Trailer ohne Giant Space Laser™, obgleich ein solcher im Film zu sehen ist - Überleitung zu Momenten der Tragik, die allesamt voll auf die Fresse fallen. Dafür überraschend die meisten Lacher des Jahres. Gesamturteil: ambivalent.