POLLYESTER - City of O.

 

Nachdem alternder deutscher Mainstream die Top 10 2015 dominierte und man sich hier aufm Block mit sonstigen Musikempfehlungen als unerträglicher Weeaboo bloßstellte, ist es nun Zeit für etwas völlig anderes: Die Münchner Möchtegernavantgarde »POLLYester«, in Blockscher Kapitalisierung einfach POLLYESTER genannt, deren selbstbetiteltes Debütalbum aus unbekanntem Grunde - fehlender Recherche sei Dank - nur auf einem japanischen Label veröffentlich wurde. Dieses düstere Kapitel der Bandgeschichte liegt aber zum Glück schon ewig zurück (2007), so daß man heute stramm mit beiden Beinen auf heimischem Boden steht, das Japsen ein Ende hat und es das dritte und neueste Album City of O. auf hartem deutschem Vinyl zu erstehen gibt.

Ansonsten hat sich gar nicht so viel getan, man geht immer noch demselben Fake Retro Indie Disco Sound nach wie ehemals und jemals, stetig im Vier-Jahres-Takt. Nicht-Polin Polina bemüht sich redlich, um die richtige Viertelnote daneben zu liegen, Bandmitglieder Beni und Benni schrauben an der Synthetik, und der Manu macht das Metronom. Das alles mit dem Ergebnis einer etwas glatteren, saubereren Produktion als zuvor. Das Alter glättet die Kanten wie Wasser den Stein. Obschon die Ästhetik des gewollt Verschrobenen noch hindurchschimmert, kann das hier Dargebotene auf jeder Party zwischendurch mal vier Minuten laufen, ohne daß der DJ sich vor Wurfobst (Tomaten, Eier) wegducken muß, das ja jeder Fetenteilnehmer sicherheitshalber immer dabei hat.

Es ist diese Welt der Karrikatur, in der POLLYESTER zuhause sind, ist der Humor auch nicht mehr so stark wie einst. Schenkelklopfer wie Erectric Guitar oder Beuys Boys finden sich nicht auf Album Nr. 3, dafür Jalousie. Das ist kein künstlerischer Dekonstruktivismus, sondern kleinbürgerliche Handwerkelei. Woher der Ruck im Statut kommt, wo die Truppe doch kommerziell nichts an Bedeutungslosigkeit eingebüßt hat, ist eine Frage für die Fantasie. Es sei denn, wir tun POLLYESTER unrecht und mit dem Titel Jalousie ist die Jalousie von O. gemeint. Dann sind sie natürlich genial wie immer.

Wie dem auch sei, in einem Jahr, das uns so viele tolle dritte, vierte, fünfte und sechste Alben beschur, ist City of O. bestenfalls eines der besten. Unbedingt zweimal kaufen und in Stereo hören.