THE WORLD OF US: Auf der Suche nach dem Konfliktlaotse

 

Boah, Kinder. Was haben die schon für Probleme? Den ganzen Tag spielen sie, raufen sich und machen Quatsch. Und dann jammern sie, wenn sie zwischendurch auch mal ein bißchen was lernen sollen. Gut, im Leistungsdruckland Südkorea kann das auch mal etwas mehr sein, z.B. der ganze Tag, jeden Tag. Doch auch wenn Jia zur Nachhilfeschule gebracht wird, um Klassenbeste zu bleiben und die Außenseiterin Sun ihr alsbald dorthin folgt, bleibt noch eine Menge Zeit für Albereien. Nein, den Schülerinnen in THE WORLD OF US (Woorideul) geht es eigentlich ganz gut.

Ein Schuljahr endet, und die von ihren Klassenkameradinnen geschmähte Sun ist die erste, der die frisch herversetzte Jia begegnet. Endlich eine Freundin! Gemeinsam verbringt man einen großen Teil der Sommerferien, lernt einander kennen. Doch als das neue Schuljahr beginnt, trifft Sun unweigerlich wieder auf ihre doofen Mitschülerinnen, die sich ebenfalls für die beeinflussbare Neue in der Klasse interessieren. Klar, daß da nur Streit bei rauskommt.

Belebt wird die Welt von Sun und Jia von einem Ensemble aus Eltern, Rivalinnen und Lehrern, die sich in aller Kürze Ihrer Auftritte immer real anfühlen, auch wenn ihre dramaturgische Funktion meist ziemlich offenbar ist. Das geht in Ordnung angesichts vieler kleiner, kluger Einschübe der Einsicht und des Humors, die aus diesen Interaktionen entstehen. So sehr das Drama die kindlichen Beziehungsgeflechte dominiert, bleibt am Ende doch ein wohliges Gefühl der Versöhnlichkeit über.

Regisseurin Ga-eun Yoon macht in THE WORLD OF US wieder erfahrbar, was dem Erwachsenen gemeinhin total banal ist - die Dynamik von Kinderfreundschaften und wie sie das Gefühlsleben der Kleinen beherrschen. Weil es ein Kinderfilm ist, sind die narrativen Mittel natürlich einfach gewählt, aber nie plump. Ganz im Gegenteil bestechen Momente der Klarheit, wie sie nur eine kindliche Perspektive bieten kann, die sich ihrer nicht bewußt ist.

Der anhaltende Strom frischer Talente aus dem südkoreanischen Landzipfel ist immer wieder bemerkenswert. Fakt: Koreaner gewinnen dauernd Kurzfilmpreise auf der Berlinale. Yoon gewann 2014 mit dem Kinderkurzfilm Sprout, hat jetzt einen ersten, starken Langfilm vorgelegt und aus rund 1000 Bewerberinnen die sehr überzeugende Soo-in Choi für ihre Haupfigur Sun gewählt, auch sie ohne vorherige Schauspielerfahrung, aber mit beachtlicher Reife. Am Ende greift alles ineinander. Zwei Jahre hat Yoon an der Geschichte gefeilt. Es hat sich gelohnt.