Musik. Im Film kann sie sanft betonen, operatisch begleiten oder stilistisch verstören. Oder sie fungiert als billiges Mittel, dem Zuschauer vorzugeben, dass er jetzt Emotionen zu fühlen hat. Letzteren Weg wählten die Macher von Sebastian Hilgers WIR SIND DIE FLUT. Und so wird man anderthalb Stunden lang mit lautem, pathetischem Orchestertrara vollgedröhnt, auch lange bevor irgendetwas bemerkenswertes passiert.
Der Soundtrack ist nicht das einzige, bei dem etwas mehr Zurückhaltung gefragt gewesen wäre. So schwurbelt gleich zu Beginn eine Frauenstimme die Vorgeschichte mit viel Pathos daher. Die geht so: Im kleinen Wattstädtchen Windholm ist vor geraumer Zeit die Flut ausgeblieben. Außerdem sind alle Kinder verschwunden. Physik-Student Micha (Max Mauff) hat eine neue Theorie für das ungeklärte Phänomen. Sein Anliegen, entsprechende Messungen durchzuführen, wird von seiten der Universität schroff abgewiesen. Schließlich sind die Einwohner ja noch traurig über die verschwundenen Kleinen, da ist die Klärung des größten physikalischen Rätsels aller Zeiten dann auch nicht so wichtig. Auch wenn Menschenkontakt für Michas Vorhaben eigentlich gar nicht nötig ist.
Na gut, man muss ja irgendwie Spannung in die Sache bringen, und so fährt Micha mit Freundin Jana (Lana Cooper) und entwendeten Messinstrumenten trotzdem nach Windholm. Schließlich ist er von der Richtigkeit seiner Theorie voll überzeugt.
Aus dem Stoff ließe sich durchaus etwas machen. Aber irgendwie schaffen es Hilger und sein Team nicht, den richtigen Ton zu treffen. Vielleicht hätte es ein intimes Portrait der traumatisierten Ortsansässigen werden können. Oder eine leise Beobachtung der Protagonisten beim Versuch, das Unerklärliche zu erklären. Stattdessen versucht man einen Brei mit einem bisschen von allem zu kochen, überwürzt mit Mystery und Metaphysik, versalzen mit gestelzten Dialogen und dieser modernen deutschen Gefühlsdusselei, die sonst, von total emotionalen Frauenstimmen eingesungen, im Pop-Radio rauf- und runterläuft.
Aber wir wollen ja nicht gehässig werden. So ziemlich alle beteiligten Filmemacher sind Studenten, die ihren ersten Langfilm drehen, und handwerklich gesehen kann man nicht besonders viel herumnörgeln. Bleibt zu hoffen, dass Hilger und seine Filmbande beim nächsten mal etwas weniger dick auftragen.