Scheu stolziert der Überleber durchs Unterholz. Behutsam näselt dabei die Spitze seines Gewehrlaufs nach Gefahr. Unter seiner Obhut ist ein kleiner Garten, der Zwiebeln und Rettich beherbergt. Der Urin des Überlebers düngt seinen Boden. Es gilt, das Revier abzustecken. Der jüngste Zwist endete für einen Rivalen tödlich.
Abends in der Kabine wird Feuer entfacht, Zwiebelsuppe gelöffelt und masturbiert, zum Foto einer Unbekannten, das dem steifen Körper seines Ex-Besitzers geraubt wurde. Das Leben geht seinen Gang, doch die Anspannung in all der Routine ist spürbar.
Da plötzlich raschelt die Alarmanlage, ein paar Blechbüchsen an einem Busch. Zwei Weibchen haben sich ins Revier des Überlebers verirrt. Dieser ist auf der Hut. Als Herrchen mit dem langen Lauf ist die Macht auf seiner Seite, und doch ist Vorsicht geboten, denn im Überlebenskampf kann diese Macht schnell kippen. Die Weibchen sind auf Futtersuche, das Herrchen rollig wie immer. Schließlich gelingt es dem jüngeren der Weibchen, welches sich im besten gebärfähigen Alter befindet, das Herrchen zu bezirzen. Sex für Futter heißt der Tausch. Die Weibchen nisten sich ein, das Überleben nimmt eine Wendung. Denn die Ressourcen sind rar und kostbar, das Mißtrauen immerwährend.
Stephen Fingletons Tierdoku zur Spezies Mensch ist ein faszinierendes Kammerspiel in und um eine Kammer herum, inmitten der Unberührtheit des Waldes, in den sich der titelgebende SURVIVALIST (Martin McCann) zurückgezogen hat. Die Weltbevölkerung ist in diesem Szenario analog zur Ölproduktion erst rapide gewachsen und dann sturzhaft geschrumpft, wie eine Grafik gleich zu Filmbeginn verrät. Da es ohne Öl, wie jeder weiß, weder Essen noch gesellschaftliche Ordnung geben kann, hacken sich die Übriggebliebenen gegenseitig zu Tode, anstatt gemeinsam am Erhalt der Zivilisation zu arbeiten.
Nordirland ist übrigens der Schauplatz, die Akteure dieser Wesensstudie entsprechend unbekannt, doch umso überzeugender. Olwen Fouere als altes Weibchen Kathryn kommt vom Theater, Mia Goth als junges Weibchen Milja hatte wohl mal eine Marginalrolle in Nymphomaniac Teil 2 und sonst keine Langspielerfahrung. Martin McCann hingegen hat zwar Erfahrung, aber ist eben Nordire. Die frischen Gesichter und ihr bemerkenswertes Schauspieltalent beleben den Film, dessen Dramaturgie ganz auf der Machtdynamik zwischen seinen Figuren ruht, und machen ihn erst funktional.
Im Ergebnis ist diese filmische Reduktion des Homo Sapiens Sapiens auf den Homo (no homo) spannend wie die besten Tierfilme und ein starkes Debut des Regisseurs, der sich für sein Nachfolgewerk bereits an Hollywood verhurt hat und dann einen richtig echten Sci-Fi Film drehen will, was THE SURVIVALIST jenseits seines narrativen Anstoßpunkts in keinster Weise ist.